Hintergrund zur Geschichte
“Ein Trümmer- und Aschehaufen”

1634 ist Lichtenberg eine Ruinenstadt

Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) hat in Lichtenberg heftig gewütet. Die Chronik verzeichnet 40 Überfälle durch schwedische, kroatische und kaiserliche Soldaten. Die Stadt gehörte damals zur Markgrafschaft Bayreuth. Das Unglück begann, nachdem Markgraf Christian 1631 mit dem Schwedenkönig Gustav Adolf ein Bündnis geschlossen hatte. Nun betrachteten die kaiserlichen Truppen unter ihrem Feldherrn Albrecht von Wallenstein das Gebiet als Feindesland. Sie durchzogen es, sengend und brennend, plündend und brandschatzend, vergewaltigend und tötend. 1632 kamen sie von Kronach her zum ersten Mal nach Lichtenberg. Sie plünderten die Stadt Lichtenberg und das Dorf Thierbach und machten die Bewohner nieder. Ende 1632 plünderten die Kroaten das lichtenbergische Gebiet mit den Orten Heinersberg, Hermesgrün und Langenbach. 1633 belagerten sechs Kaiserliche Regimenter die Stadt Lichtenberg, konnten sie aber nicht einnehmen.

Die schlimmste Heimsuchung war der Überfall kroatischer Truppen am 31. März 1634. Den Landsknechten gelang es, die Stadt in Brand zu setzen. Alle Häuser, die erst zwei Jahre zuvor umgebaute prächtige Kirche und das ebenfalls neue Schloss verbrannten, dazu sämtliche Briefe, Urkunden und andere Dokumente. Zahlreiche Menschen starben.

Die Kroaten mussten ohne Beute abziehen, denn es war alles verbrannt, Lichtenberg lag als Ruinenstadt da. Die Überlebenden hatten nur das, was sie am Leibe trugen. Die Lebensmittel, das Vieh, das Futter, der Hausrat und die landwirtschaftlichen Geräte waren zu Asche geworden. Danach wüteten die Pest und andere Seuchen unter den Überlebenden. Die wenigsten Toten wurden ordentlich begraben, weil niemand da war, der diese Arbeit hätte verrichten können. Angehörige mussten sie selbst verscharren. Dazu heißt es in der Chronik: "Hans Stoll hat seinen Sohn wie ein Stück Holz über der Achsel mit einem untergelegten Stecken zu Grabe getragen und beim Abwerfen gesagt: ,Wie bist du mir so sauer geworden.' "

Schulmeister Heinrich Völkel machte sich in jenen Jahren segensreich verdient. Er half beim Beerdigen der Toten, denn der Pfarrer hatte sich in sein Hammergut in Kleinschmieden zurückgezogen, und er unterstützte den Wiederaufbau der Kirche.

Im März 1640 suchten erneut schwedische Soldaten die Stadt heim. Sie trieben das Vieh weg und misshandelten die Menschen, vor allem die Frauen. Schon einen Monat später fielen die kaiserlichen Truppen in der Stadt ein; sie raubten, was noch zu finden war. Um die Menschen dazu zu bringen, ihre versteckte Habe preiszugeben, spreizten sie ihnen mit einem Stück Holz den Mund auf und schütteten Mistjauche hinein. Diese Foltermethode trug den Namen Schwedentrunk. Viele Menschen starben an den Folgen, häufig an Lungenentzündung.

1640 verbündeten sich die bis dahin feindlich gesinnten Truppen des katholischen Erzbischofs von Bamberg und des evangelischen Markgrafen, um die in kleineren und größeren Trupps umherziehenden feindlichen Soldaten zu vertreiben. Einige Monate später mussten die Lichtenberger helfen, die bei Saalfeld lagernden schwedischen Truppen – laut Chronik 36 000 Mann stark – zu verköstigen. Darüber aufgebracht, drangen die Kaiserlichen ins Lichtenberger Gebiet ein, plünderten und trieben das letzte Vieh weg. Da kam eine schwedische Truppe dazwischen, überfiel bei Untersteben wiederum die Kaiserlichen, metzelte die gegnerischen Soldaten nieder und nahm das geraubte Vieh selbst in Beschlag. Aus jener Zeit ist noch das folgende traurige Volkslied überliefert: "Die Schweden senn kumma, ham alles mit gnumma, ham Fenster neigschlagn, unds Blei davon tragn, ham Kugeln draus gossen und Bauern totgschossen." Die letzte Belagerung geschah im Jahr 1646, als sich die gesamte kaiserliche und bayerische Armee bei Hof zusammenzog. Die Soldaten überschwemmten die ganze Umgegend. Der auf Schloss Lichtenberg residierende Markgraf Erdmann August ließ in aller Eile den Marktplatz zu einer Wehrschanze aufwerfen. Im Burgholz ließ er Bäume fällen, die als Barrikade Stadt und Schloss schützten.

Endlich machte im Jahr 1648 der lang ersehnte Friede zu Münster und Osnabrück dem Morden und Plündern ein Ende. 133 772 Gulden Kriegskosten mussten die Fürstentümer Bayreuth und Ansbach danach an die Schweden zahlen. Auch die Bewohner des Amtes Lichtenberg, ausgeplündert und ausgehungert, mussten ihren Teil in Form einer Kriegssteuer dazu beitragen.

Die Jahre zwischen 1618 und 1648 waren so erschütternd, dass sie im Gedächtnis mancher Familien bis heute nachwirken.

Bis zum Jahr 1963 hatte Lichtenberg eine eigene Leichenfrau und einen eigenen Totengräber. Die letzte Leichenfrau Johanna Neumann versah diesen Dienst auch für Bad Steben, Langenbach und Carlsgrün. Nach ihr übernahmen Bestattungsunternehmen, zumeist aus Naila, diese Aufgabe.


Zur weiteren Information

Mehrere Museen in Franken, Sachsen und Böhmen haben sich zu einem Netzwerk Dreißigjähriger Krieg zusammengeschlossen; mit dabei sind unter anderem das Fränkische-Schweiz-Museum Tüchersfeld, das Krügemuseum Creußen, das Pfalzmuseum Forchheim, das Museum im Barockschloss Delitzsch und die Universitätsbibliothek Leipzig.


Was sonst noch geschah

Dass inmitten des Elends und der Not auch Freude und Zuversicht herrschten, zeigt das Werk des evangelischen Theologen und Liederdichters Paul Gerhardt (1607 – 1676), der unter anderem das zum Volkslied gewordene „Geh aus mein Herz und suche Freud“ schrieb; vier der fünf Kinder des Ehepaares Gerhardt starben.


Quellen

Manfred Joisten: “Chronik der Stadt Lichtenberg”, Lichtenberg 1957 (mit Bezug auf den Bericht des Pfarrers Friedrich Küffner "Lux Lichtenbergae" vom Jahr 1699)

Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: “Simplicius Simplicissimus”, Nürnberg 1668

 

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