Hintergrund zur Geschichte
“Treffpunkt anständiger Männer”

Vereine prägen das öffentliche Leben

In Lichtenberg hat sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts ein ausgeprägtes und vielseitiges Vereinsleben entwickelt. Am Anfang stand die Harmonie-Gesellschaft, deren Vereinslokal am Schlossberg als nun selbstständiges Restaurant "Harmonie" bis heute existiert. Am 23. August 1824 gründeten ehrwürdige Männer, die sich künftig in geschlossener Gesellschaft treffen wollten, diesen Verein. Im Jahr 1886 arbeiteten sie die Satzung aus, die drei Jahre später vom Königlichen Amtsgericht in Hof genehmigt wurde. Das Gericht hatte geprüft, wer diesem Geselligkeitsverein angehörte - nicht dass Aufruhr gegen den Kaiser und die Obrigkeit unter dem Deckmantel eines Vereines geschürt würde.

Die Aufnahme in die Harmonie-Gesellschaft war genau geregelt. Wollte jemand Mitglied werden, so hängte der Vereinsdiener dessen Namen eine Woche lang im Vereinslokal aus. Danach entschieden die Mitglieder per Ballotage, ob der Mann aufgenommen wurde. Unter einer Ballotage oder Kugelung verstand man eine geheime Abstimmung mit verschiedenfarbenen Kugeln: Stimmte jemand zu, gab er eine weiße Kugel in ein Gefäß, bei Ablehnung nahm er eine schwarze. Frauen konnten zwar nicht Mitglieder in der Harmonie-Gesellschaft werden, bei den Bällen und anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen waren sie jedoch willkommen.

Vier Ordnungsgesetze nennt die Satzung, die jedes Mitglied einhalten musste: die im Vereinslokal ausliegenden Zeitungen nicht mit nach Hause nehmen; unanständiges Betragen unterlassen, Streitigkeiten und tätliche Beleidungen vermeiden; sich keiner Hazardspiele (also Glücksspiele wie Würfeln) hingeben; keine Hunde in das Gesellschaftslokal oder in den Gesellschaftsgarten mitbringen.

Als am 14. Oktober 1878 – dem Tag nach den Kartoffelferien – das Schulhaus niederbrannte, diente das große Wirtschaftszimmer der "Harmonie" zwei Jahre lang als behelfsmäßiger Schulraum.

Der allgemeinen Geselligkeit dienten zahlreiche Bräuche, die sich bis ins 20. Jahrhundert hielten. So existierte wohl bereits Mitte des 18. Jahrhunderts in Lichtenberg eine städtische Musikkapelle. Es gab sogar einen Stadtmusikus, der jeden Tag von Ostern bis Michaeli (der 29. September) um 11 Uhr mittags drei lustige Weisen und abends um 18 Uhr drei Strophen eines Chorals vom Rathausturm spielen musste.

Am 10. März 1874 gründete sich in Lichtenberg die Freiwillige Feuerwehr, die bis heute besteht. Mehrere verheerende Brände hatten Teile der Stadt eingeäschert.

Heute sind neben der Feuerwehr etwa zwanzig Vereine und Gruppierungen aktiv, darunter der Schützenverein, der Gesangverein, der Burgverein, der Förderverein Friedrich-Wilhelm-Stollen, der Förderverein Haus Marteau, der Gartenbauverein, der Frankenwaldverein, der Motorsportclub, der Förderverein für den Kindergarten, der Tierschutzverein, der Fischereiverein und mehrere Stammtische. Der Sportverein TSV Lichtenberg betreibt die vereinseigene Turnhalle auf dem Schlossberg. Die Jugendmannschaften bilden gemeinsam mit dem TSV Bad Steben, dem SV Froschbachtal und dem VfL Issigau die Jugendfördergemeinschaft Höllental.

Eine Lichtenberger Besonderheit ist die Bürgeraktion. In diesem gemeinnützigen Verein treffen sich fleißige Frauen, die zum Wohle der Allgemeinheit arbeiten. Der Erlös geht an andere Vereine oder Projekte in der Stadt. Seit der Gründung im Jahr 1976 haben die Frauen bereits mehr als 200 000 Euro gespendet. Das Geld stammt aus dem Verkauf von kunstvoll hergestellten Handarbeitssachen. Sehr begehrt sind die Zudeldatschen. Das sind Hüttenschuhe, die außen wie Socken gestrickt sind, eine Sohle aus festem Stoff oder Leder haben und innen mit zudeliger – also wirrer, gekräuselter – Wolle aus aufgelassenen Pullovern gefüttert sind. Bis ins 20. Jahrhundert trugen im Frankenwald ärmere Leute die Zudeldatschen im Winter sogar, wenn sie auf Schnee in den Nachbarort laufen mussten. Die Herstellung von Zudeldatschen ist eine Kunst. Die Frauen der Bürgeraktion treffen sich einmal im Monat zum Handarbeiten; sie geben ihr Können gerne an Interessierte weiter.


Zur weiteren Information

Das Restaurant "Harmonie" in den Räumen des ehemaligen geselligen Vereins weist in weiten Teilen noch die ursprüngliche Möblierung aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert auf; eine Besonderheit ist die Musikantengalerie, auf der einst Musiker zum Tanz aufspielten.

Im Schloss Schauenstein im Kreis Hof befindet sich das Oberfränkische Feuerwehrmuseum, in dem man die Geschichte des Feuerlöschwesens anhand verschiedenster Exponate erleben kann.

Einen Eindruck vom bürgerlichen Leben im ausgehenden 19. Jahrhundert vermittelt die Sammlung des Museums Bayerisches Vogtland in Hof.

 

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