Hintergrund zur Geschichte
“Ein Abschied für immer”

Dem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert

Ehen waren bis weit in die Neuzeit hinein nicht das Ergebnis von Zuneigung, sondern eine mehr oder minder geschickt eingefädelte Verbindung zweier Familien – sei es, um den Besitz durch das Erbe der Frau zu mehren oder Herrscherdynastien miteinander zu vernetzen. Für eine verheiratete Adelige war es die wichtigste Aufgabe, mindestens einen lebensfähigen Sohn zur Welt zu bringen. Zehn und mehr Geburten waren üblich, wobei stetige Lebensgefahr bestand. Viele Frauen starben während einer Geburt. Wollte eine adelige Frau diesem Joch des häufigen Kinderkriegens entgehen, blieb ihr nur der Eintritt ins Kloster. Was einer adeligen Frau zustand, war genau geregelt.

Aus dem Jahr 1480 hat sich ein Ehevertrag für die in Lichtenberg aufgewachsene Anna von Waldenfels erhalten, die einen Raban von Gundelsheim heiratete. Der Bräutigam musste 600 Gulden zur Versorgung seiner Frau zusichern, falls er sterben sollte, dazu bekam sie 300 Gulden Morgengabe – also Geld, das ihr persönlich zur Verfügung stand. Morgengabe heißt diese Zuwendung, weil sie traditionell am Morgen nach der Hochzeitsnacht überreicht wurde. Für einen Gulden bekam man zu der damaligen Zeit ein Simra Hafer (Simra ist ein altes Hohlmaß; es entspricht etwa 22 Liter) oder ein Viertel Simra Roggen.

Eheverträge schlossen zu der damaligen Zeit der Vater oder die Brüder für die Braut ab, oft nach Vermittlung des Landesherren. Der fränkische Adel war gut vernetzt, verwandt, kannte sich von Kriegszügen und war reisefreudig. In Lichtenberg gab es eine Regelung, wonach zur Aussteuer einer adeligen Tochter das einfache Volk seinen Beitrag leisten musste. Verheiratete ein Herr seine Tochter oder Schwester, so mussten die Einwohner dazu insgesamt 100 Gulden zahlen. Zu dieser Steuer mussten sowohl die Bürger und Hausgenossen - das waren Menschen, die im Anwesen eines Steuerpflichtigen beschäftigt waren, aber selbst keinen Besitz hatten -, als auch die Besitzer von Hammerschmieden, Mühlen und Herbergen beitragen.

Von Margaretha von Waldenfels wissen wir heute durch zwei Epitaphe – das sind Grabdenkmale – in den Kirchen Volkach und Kronach. In der Wallfahrtskirche Maria im Weingarten bei Volkach, berühmt wegen ihrer Madonna im Rosenkranz von Tilman Riemenschneider, ist die Adelige gemeinsam mit ihrem Mann Kaspar von Schaumberg zu sehen, der Amtmann in Volkach und bischöflicher Pfleger in Nassenfels bei Eichstätt war. Er starb im Jahr 1536 in Volkach, Margaretha von Waldenfels im Jahr 1540 in Kronach. In der Inschrift ist der Name Waldenfels in einer älteren Schreibweise als "Wallenfels" zu lesen. Die Epitaphe ließ wahrscheinlich der Sohn Martin von Schaumberg errichten, der Fürstbischof des Hochstifts Eichstätt war, unter anderem in Wien und Bologna studiert hatte und der sich um die Schulbildung seiner Untertanen verdient machte. Auch auf seinem eigenen Epitaph im Dom von Eichstätt ließ er seine Eltern darstellen, was auf ein inniges Verhältnis vor allem zur Mutter hindeutet. Aus einem Dokument wissen wir, dass er zu ihrem Namenstag den Priestern, dem Rat, den Schülern und den Armen in Kronach kleinere Geldbeträge schenkte.

Wie wohlhabend die Waldenfels auf Lichtenberg damals gewesen sein müssen, zeigt sich unter anderem an dem Geld, das die Töchter erbten. Sibilla, die Jüngste, erhielt beim Tod des Vater 1200 Gulden, von dem ihr Mann Wolf von Würtzburg das große Gut Steinsdorf bei Weida im heutigen Kreis Greiz sowie den dritten Teil weiterer Güter im Thüringischen erwarb. Man kann davon ausgehen, dass auch die anderen fünf Schwestern den selben Betrag erhielten.

Hochzeitsfeiern, die oft mehrer Wochen dauernten, waren für die Adeligen willkommene Gelegenheiten, sich zu treffen, gemeinsam zu tafeln, sich zu betrinken, zu diskutieren und Verträge abzusprechen – also soziale Kontakte zu pflegen. Die Gäste nahmen dafür tagelange Reisen auf sich. So berichtet die Lichtenberger Chronik, dass fünf Jahre vor der Hochzeit der Anna von Waldenfels zwei Ritter der Herrschaft Lichtenberg mit je fünf Pferden und Begleitern an einer berühmt gewordenen Hochzeitsfeier teilnahmen. Sie ritten im Gefolge des Markgrafen Albrecht Achilles nach Landshut, wo sie auf Einladung des bayerischen Herzogs Ludwig IX. an der Hochzeit teilnahmen, die dieser für seinen Sohn Georg und dessen Braut, die polnische Königstochter Hedwig, ausrichtete.

Die Feier im November 1475 dauerte sechs Tage und vereinte Abordnungen des gesamten christlichen Abendlandes. Heute erinnert an das Ereignis die alle vier Jahre stattfindende "Landshuter Hochzeit", das größte historische Spektakel in Deutschland. In der Chronik heißt es, dass das Gefolge des fränkischen Markgrafen damals im Jahr 1475 an Zahl und Glanz selbst das Gefolge des Kaisers verdunkelte. Während Frauen aus dem Volk von kleinauf schwer arbeiten mussten, hatten diese im gehobenen Bürgertum und im Adel genügend Dienstmägde, die ihnen die körperliche Arbeit abnahmen. Kunstvolle Handarbeiten wie Sticken waren vielfach ihre Hauptbeschäftigung. In einer Beschreibung von 1809 heißt es über die „Frauen höheren Standes“ im Gebiet des heutigen Oberfranken, dass sie sich durch die Feinheit ihrer Züge, den Liebreiz ihrer Erscheinung und einen strahlenden Teint auszeichnen. „Mit den Reizen dieser Damen ließe sich für einen Lobpreiser der Schönheit der deutschen Frauen ein ganzes Kapitel füllen“, heißt es dort. Im einfachen Volk durften lange Zeit nur Männer heiraten, die Besitz vorweisen konnten. Die Folge waren lockere Beziehungen und viele uneheliche Kinder, die wiederum besitzlos dazu bestimmt waren, als Dienstboten, Knechte oder Mägde zu arbeiten.

Es dauerte bis zur Romantik und zur Aufklärung, bis die Gesellschaft es Frauen und Männern zugestand, ihren Ehepartner selbst zu wählen. Gleichberechtigt waren die Frauen damit noch lange nicht. Auch als sie es laut Gesetz waren, galt der Mann weiterhin als Bestimmer im Haus. Das zeigt auf amüsante Weise ein Auszug aus einer Hochzeitszeitung in Lichtenberg vom 16. April 1921 für "Herrn Heinrich Angermann und Fräulein Sophie Neumeister", welche der unbekannte Verfasser unter das Bibelwort "Er soll dein Herr sein!" stellte. Darin heißt es: "Du aber, liebe junge Frau, das Herz, der Sonnenschein eueres Hauses, gewöhne dich an den Gedanken, dass Männer nun einmal von der Natur als Herrscher bestimmt sind. Dafür haben sie aber auch die süße Pflicht, fürsorgend und schützend der Frau zur Seite zu stehen. Merkt der Gemahl, dass seine Befehle sogleich ausgeführt, seine Wünsche respektiert werden, dann, ja Frau, hast du gewonnen und dein Wille ist Gesetz im Hause, denn aus Rührung und Dankbarkeit über deine Gefügsamkeit bemüht sich nun dein Mann, alles zu tun, was deine Seele erhofft, er wird dich sozusagen auf den Händen tragen. Das ist das ganze Geheimnis, wie sich Ehegatten das Leben schön gestalten können."


Weitere Informationen

Der erste Epitaph für Margaretha von Waldenfels (dortige Schreibweise: Wallenfels) und ihren Ehemann Kaspar von Schaumberg befindet sich an der südlichen Wand in der Wallfahrtskirche Maria im Weingarten bei Volkach, deren Besuch zu jeder Jahreszeit lohnend ist. Der Steinmetz hat die Adelige in der Frauentracht des 16. Jahrhunderts mit Haube und langem Gewand abgebildet. Das zweite Grabdenkmal in der Kronacher Kirche St. Johannes ist an einer Säule angebracht.

In Bad Steben befindet sich ein Kunstwerk, das ungefähr zu der Zeit entstanden ist, als Margaretha von Waldenfels auf Burg Lichtenberg lebte. Es handelt sich um die Fresken in der Wehrkirche St. Walburga, die um das Jahr 1510 gemalt wurden. Die Kirche kann man nur bei einer Führung besichtigen.


Was sonst noch um das Jahr 1505 geschah

Die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts sind eine Zeit großer Umwälzungen. Ausgelöst werden die Entwicklungen durch enorme wirtschaftliche und finanzielle Ungleichheit, durch Entdeckungen und Erfindungen. Auf der einen Seite gibt es im Adel und in der Kirche eine prunkliebende Oberschicht, auf der anderen Seite eine Bevölkerung, die immer mehr verarmt. Dazu kommen Bürgerfamilien, die durch Handel sehr reich geworden sind und Güter rund um die Welt verschicken. Neue Entwicklungen wie das Recht, Zinsen auf verliehenes Bargeld zu erheben, haben weitreichende Folgen. Im Jahr 1492 war Christoph Kolumbus erstmals nach Amerika gesegelt, es ist der Beginn der Kolonialisierung und der Ausbeutung von Amerika, Afrika und Asien durch europäische Staaten und Unternehmen. Die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg im Jahr 1450 hatte den Grundstein für die Wissensgesellschaft gelegt, die neue Technik ermöglicht die Reformation und eine breite Information der Bevölkerung. Entwicklungen, die damals ihren Anfang nahmen, beschäftigen uns bis heute – es ist der Beginn einer neuen Zeit.


 

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