Hintergrund zur Geschichte
“Humboldt hat gute Ideen”

Bergbau - die wichtigste Einnahmequelle

1792 schickte der preußische König Friedrich Wilhelm II. den jungen Alexander von Humboldt als Bergassessor nach Franken. Der letzte Markgraf Christian Friedrich Carl Alexander hatte im Jahr davor die Markgrafschaft und damit auch Lichtenberg an Preußen verkauft. Bereits zwei Jahre zuvor war der preußische Minister Karl August von Hardenberg nach Bayreuth gekommen und hatte mit seinen Reformen das Gebiet zum ersten Staat im modernen Sinn gemacht. Die Markgrafschaft war hoch verschuldet gewesen.

Humboldts Auftrag: Er sollte den einst überaus ertragreichen Bergbau im Frankenwald und im Fichtelgebirge wieder beleben. Rastlos besuchte der junge Gelehrte die Bergwerke und Hochöfen. Er brauchte nur wenige Wochen, um sich einen Überblick zu verschaffen, stieß Reformen an und machte den Bergbau wieder lukrativ. Schnell hatte er gesehen, dass es an der Ausbildung der im Bergbau tätigen Männer fehlte. Ende November 1793 richtete er in Steben (dem heutigen Bad Steben) auf eigenen Entschluss, mit eigenen Finanzmitteln und mit selbst verfassten Lehrbüchern eine freie Bergschule ein. Die Schüler lernten am Sonntag die Theorie kennen, unter der Woche mussten sie im Bergwerk arbeiten. Die Schule gilt als erste Berufsschule auf bayerischem Boden. Humboldts Ziel war es, die "krasse Unwissenheit" unter den Bergleuten zu beheben. Die Buben kamen im Alter von zwölf Jahren in die Bergschule, auch Ältere wurden aufgenommen. Damals war es üblich, dass Kinder bereits mit zehn Jahren zum Arbeiten außer Haus gingen. Davor hatten sie bereits daheim viel mithelfen müssen. Kinderarbeit war alltäglich. Immer wieder kam es zu tödlichen Unfällen.

Wann die ersten Menschen rund um Lichtenberg Erze gewannen, ist nicht bekannt. Bis zum 30-jährigen Krieg im 17. Jahrhundert bauten die Bergleute erhebliche Mengen an Bodenschätzen ab. Im 15. Jahrhundert stand in der Gegend von Lichtenberg der Silberabbau in Blüte. Das Metall fand sich fast an der Erdoberfläche. Die Berge und Hügel rings um Lichtenberg sind mit Mineralgängen durchzogen und mit vielen Schürfgräben, Versuchsschächten und Stollen durchwühlt.

Die Bodenschätze lagern im Revier Lichtenberg in großer Vielfalt. Es wurden abgebaut: Spateisenstein und das bei Verwitterung daraus entstehende Brauneisenerz, Roteisenerz, Kupferkies und der daraus bei Verwitterung entstehende Malachit und Flussspat. Die Eisenerze wurden in den Hammerwerken geschmolzen und verarbeitet. Die dazu nötige Holzkohle kam aus den umliegenden großen Wäldern. Besitzer der Bergwerke waren vielfach Auswärtige. Die Friedensgrube, eine der wichtigsten Gruben nahe Lichtenberg, gehörte Ende des 17. Jahrhunderts einer Kapitalgesellschaft, deren Teilhaber aus Jena, Merseburg und Halle kamen. Um 1722 war der Leipziger Kaufmann Otto Rücker der Eigentümer. Im Jahr 1758 ließen die fünf Anteilseigner der Grube Ausbeutmedaillen prägen. Dies war ein Zeichen für die wirtschaftliche Ergiebigkeit des Bergwerks.

An Alexander von Humboldt erinnert noch der Friedrich-Wilhelm-Stollen bei Blechschmidtenhammer, der als Besucherstollen besichtigt werden kann. Der Gelehrte suchte mit ihm das Problem zu lösen, dass in verschiedenen Bergwerken wie der Friedensgrube das Grundwasser ein Weiterarbeiten unmöglich machte. Humboldt plante diesen Entwässerungsstollen und überwachte seinen Vorantrieb in den ersten Jahren.

Im Jahr 1795 verließ er die Region Lichtenberg-Steben und kam nie zurück, obwohl er sich hier sehr wohl gefühlt hatte. Die anderen Forschungen beanspruchten sein ganzes Interesse. Er widmete sich nun der "großen wissenschaftlichen Arbeit, die ich mir vorgesteckt und die ich mit Anstrengung verfolge", wie er 1794 in einem Brief an Friedrich von Schiller geschrieben hatte.

Wie sozial und modern im Sinne der Aufklärung Humboldt eingestellt war, zeigt eine kleine Notiz am Rande: Als der preußische Staat ihm das Geld zurückerstattete, das er für die Stebener Bergschule ausgegeben hatte, behielt er es nicht für sich, sondern richtete damit eine Unterstützungskasse für die Witwen verunglückter Bergleute ein.


Was sonst noch geschah

Von 1789 bis 1799 wütet in Frankreich die Französische Revolution, eine der folgenreichsten Ereignisse der neuzeitlichen europäischen Geschichte.

1799 übernimmt Napoleon Bonaparte in Frankreich durch einen Staatsstreich die Macht; die Folgen werden bis nach Lichtenberg schmerzhaft zu spüren sein.

Berlin entwickelt sich zu einer Metropole; im Jahr 1791 wird das Brandenburger Tor fertiggestellt.


Zur weiteren Information

Der von Humboldt geplante Friedrich-Wilhelm-Stollen befindet sich auf dem Gebiet der Stadt Lichtenberg in Blechschmidtenhammer und kann besichtigt werden.

Im Fichtelgebirge erinnern mehrere Bergwerke und Museen an die große Zeit des Bergbaus: das Besucherbergwerk Gleißinger Fels in Fichtelberg, das älteste Silbereisen-Bergwerk Nordostbayerns mit unterirdischem Wasserfall; der Besucherstollen "Mittlerer Name Gottes" bei Goldkronach, in dem von etwa 1450 bis 1607 Gold abgebaut wurde; das Goldbergmuseum in Goldkronach; das Besucherbergwerk "Werra" bei Weißenstadt und der "Kleine Johannes" in Arzberg.

Mineralien aus dem Revier Lichtenberg finden sich in unzähligen Sammlungen. Empfehlenswert sind zwei Museen: die Terra mineralia im sächsischen Freiberg (die Stücke aus Lichtenberg sind im Krügerhaus neben Schloss Freudenstein zu sehen) und das Fichtelgebirgsmuseum in Wunsiedel, eines der bedeutendsten Regionalmuseen Bayerns.


Quellen

Georg Schade: “Untersuchungen und Pläne zum Bergbaurevier Lichtenberg” (unveröffentlicht)

Manfred Joisten: “Chronik der Stadt Lichtenberg”, Lichtenberg 1957

Ingo Schwarz: “Alexander-von-Humboldt-Chronologie”, in: “edition humboldt digital”, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin

Alexander von Humboldt: “Über den Zustand des Bergbaus und Hütten-Wesens in den Fürstentümern Bayreuth und Ansbach im Jahr 1792”, Freiberg 1959

Herta Vogel: “Das Höllental”, München 1989

 

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