Hintergrund zur Geschichte
“Ein Pfarrer gräbt den Altar aus”

Die Kirche entsteht fünfmal neu

Die Geschichte der Pfarrei Lichtenberg reicht weit zurück. In einer Chronik von Georg Heinrich Spörl, Königlicher Berggeschworener, aus dem Jahr 1822 heißt es, dass Lichtenberg im Jahr 1394 Pfarrort wurde. Im Jahr 1410 wurde die Kapelle zu St. Johannes in der Stadt Lichtenberg erstmals in einer Urkunde erwähnt. Für das Jahr 1444 werden drei Kapellen genannt, und zwar in eine in der Stadt, eine auf dem Kapellenhügel vor der Stadt und eine in Blechschmidten. 1528 trat Hans von Waldenfels, der Herr auf Lichtenberg, zum lutherischen Glauben über, die Bewohner der Herrschaft mussten ihm folgen. Der gescheiterte Versuch des evangelischen Pfarrers Johann Lang, im Jahr 1611 die Lehre Calvins in Lichtenberg einzuführen, ist eine der kuriosesten Begebenheiten in der langen Geschichte der Stadt. Die Gläubigen verboten Lang, die Kanzel zu betreten, nachdem er den Altar ausgegraben und durch einen einfachen Tisch ersetzt hatte. Als er es dennoch tat, traten bei ihm die schwarzen Blattern auf, an denen er bald starb. Die Gemeinde sah dies als gerechte Strafe Gottes. Unterstützt wurde der Pfarrer offenbar von Christoph von Waldenfels, der lange Reisen nach Italien, Frankreich und in den Orient unternommen und unterwegs wohl die calvinische Lehre kennengelernt hatte.

Das Lichtenberger Kirchengebäude wurde mehrfach zerstört. Zum ersten Mal geschah dies im Jahr 1444, als ein Heer der Reichsstädte unter Führung der Nürnberger die Burg belagerte, in die sich die Bewohner der Stadt geflüchtet hatten. Das angreifende Heer schaffte das größte Geschütz in die Kirche, riss eine Außenmauer ein und beschoss von hier die Burg.

Im Jahr 1580, nachdem Bad Steben bereits ein halbes Jahrhundert evangelisch geworden war, ließ die Gemeinde das nach der Belagerung 1444 wieder aufgebaute Kirchlein nach Norden erweitern und den Chorraum zumauern. Dadurch entstand ein reformatorischer Saalbau. 1632 renovierte die Gemeinde mit Unterstützung von Markgraf Christian und dank etlicher Schenkungen die Kirche prächtig.

Nur zwei Jahre später, am 31. März 1634, brannte die Stadt und mit ihr die Kirche nach einem kroatischen Überfall im Dreißigjährigen Krieg nieder. Auch alle Dokumente wurden vernichtet. Die geschundene und hungernde Bevölkerung brauchte Jahre, um das Gotteshaus wieder aufzubauen. Große Verdienste erwarb sich der Schulmeister Heinrich Völkel. Er machte sich auf, in der Umgebung Geld für den Wiederaufbau der Kirche zu sammeln und reiste nach Kulmbach, Nürnberg, Coburg, Saalfeld, Weimar, Eisleben, Erfurt, Neustadt an der Orla, Gera und Zwickau – alles zu Fuß - und brachte 210 Gulden heim. Im Jahr 1639 konnten die Lichtenberger die Kirche wieder notdürftig mit einem Dach versehen. Eine Glocke hatte aus dem Schutt gerettet werden können. Nach und nach konnte die Gemeinde neue Glocken kaufen. Die große wurde 1654 in Kronach gegossen, die kleinere stammte aus Erfurt.

Bleibende Verdienste um die Pfarrei Lichtenberg erwarb sich Pfarrer Friedrich Küffner, der 1690 vom Kloster Himmelkron kam und bis 1722 blieb. Er verfasste wieder eine umfangreiche Chronik, denn alle alten Pfarr- und Stadtbücher und andere Dokumente waren im Dreißigjährigen Krieg verbrannt. Leider ist das Original dieser Chronik ebenfalls verloren gegangen, es existieren nur noch unvollständige Abschriften.

Noch zweimal brannte die Kirche mit zahlreichen Häusern der Stadt nieder, und zwar 1738 und 1814. Am 18. April 1814, nach den Zumutungen der napoleonischen Zeit, brach der Brand in einem Haus in der jetzigen Mittelstraße aus. Das Feuer vernichtete die nördliche Hälfte der Stadt: 65 Häuser, die Kirche, das Pfarrhaus, das Schulhaus, das Mulzhaus und das alte Torhaus, in dem sich die Wohnung des Stadtmusikus befand und an dem das Häuschen des Stadthirten stand. Alle Kunstschätze der Kirche verbrannten ebenfalls.

Unverzüglich ging die Gemeinde daran, eine neue Kirche zu errichten. Am 29. August 1816 feierte Lichtenberg für den Kirchturm das Richtfest. In dem erhalten gebliebenen Richtspruch des Zimmergesellen Andreas Grimm heißt es, Gott wolle den Bau in seinen Schutz nehmen und künftige Gefahren gnädig abwenden. "Er wolle unsere Nachkommen nie wieder die Schreckens-Scene sehen lassen, die wir gesehen haben!"

Die wieder aufgebaute Kirche wurde innen mehrfach umgestaltet. Bei der Renovierung von 1992 bis 1996 gestaltete der Münchner Künstler Werner Mally, ein gebürtiger Karlsbader, den Altarraum im modernen Stil. Der Altartisch und das Lesepult bestehen aus Eiche, wie sie im Mittelalter in den Lichtenberger Wäldern häufig wuchs. Zehn rote Säulen, welche die Zehn Gebote des Alten Testamentes symbolisieren, tragen die Empore. Bereits im Jahr 1974 hatte die Kirchengemeinde eine neue Orgel angeschafft.

Die Lichtenberger Pfarrei unterhält eine Partnerschaft mit der Gemeinde Alt-Moshi im ostafrikanischen Tansania, in der Nähe des Kilimandscharo. Die Freundschaft geht auf das Jahr 1931 zurück, als Lichtenberg zwei Stahlglocken an die dortige Gemeinde verschenkte.

Heute hat die evangelische Gemeinde in Lichtenberg etwa 830 Mitglieder. Sie gestalten ein vielfältiges und lebendiges Gemeindeleben, unter anderem mit Posaunenchor, Jugendtreff, Seniorenkreis, Hauskreis und Gebetskreis. Die Gottesdienste werden unter anderem als Familiengottesdienste, mit Musikband in moderner Form oder gemeinsam mit Nachbargemeinden gefeiert. Die Kleinsten haben einen eigenen Kindergottesdienst. Die Kirchengemeinde ist auch Träger des Naturkindergartens Krümelburg.


Was sonst noch wichtig ist

Im Landkreis Hof und in der Stadt Hof befinden sich einige sehenswerte Kirchen: Die Kirche von Pilgramsreuth bei Rehau gilt als eine der schönsten Dorfkirchen in Deutschland; in der Kirche von Joditz an der Saale wirkte der Vater des Dichters Jean Paul als Pfarrer; in Hof weist die aus dem 13. Jahrhundert stammende Hospitalkirche eine reiche Innenausstattung auf mit einem spätgotischen Flügelaltar von 1511 und einer bemalten Kassettendecke. Alle drei Kirchen können nach dem sonntäglichen Gottesdienst oder auf Anmeldung besichtigt werden.

Im Bamberger Dom (vom Haupteingang aus rechts) steht der aus dem Landkreis Hof stammende Kirchgattendorfer Altar von 1510 mit einer Darstellung von Maria und den Heiligen Katharina und Barbara.

Eines der wichtigsten Kunstwerke aus der Stadt Hof, der Hofer Altar von Hans Pleydenwurff, 1465 entstanden, ist in der Alten Pinakothek in München zu sehen.

Über das Leben des Missionars Bruno Gutmann hat dessen Urenkel Tillmann Prüfer, Journalist der Wochenzeitung “Die Zeit”, ein Buch geschrieben: "Der heilige Bruno: Das unglaubliche Leben meines Urgroßvaters am Kilimandscharo". In einer Szene über einen Besuch an der alten Wirkungsstätte des Urgroßvaters in Tansania schildert er, wie der örtliche Pfarrer Njau ihm erklärt, woher die Glocken stammen: „Aus Lichtenberg. Njau blickt mich an, als zeichne das die Glocken besonders aus. Ich nicke eifrig, dabei habe ich keine Ahnung, wo Lichtenberg eigentlich ist.”


Quellen

Manfred Joisten: “Chronik der Stadt Lichtenberg”, Lichtenberg 1957

Otto Freiherr von Waldenfels: “Die Geschichte der Freiherrn von Waldenfels”, Lichtenberg 1955

 

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