Hintergrund zur Geschichte
“Das prächtige Schloss fällt”

Eine trutzige Burg oberhalb der Selbitz

Lichtenberg, die zweitkleinste Stadt in Bayern (nach Kupferberg im Kreis Kulmbach), hat eine überaus interessante Geschichte. Stadt und Burg liegen 573 Meter hoch an einer günstigen Lage oberhalb des Flusses Selbitz auf einem Bergsporn, von wo eine weite Sicht Richtung Thüringen möglich ist. Unterhalb führt der Rennsteig vorbei, der legendenumwobene alte Grenzweg und heute meistbegangene Wanderweg Deutschlands.

Im Mittelalter und bis in die neuere Zeit war Lichtenberg eingebunden in zahlreiche bedeutende geschichtliche Ereignisse. Das lag vor allem an der Burg, die zur Zeit ihrer größten Ausdehnung im 17. Jahrhundert in Bezug auf Pracht und Ausdehnung anderen großen Burgen glich. Die trutzige Befestigung auf einem Bergsporn oberhalb der Selbitz machte vor allem von Thüringen aus einen mächtigen Eindruck.

Wann die erste befestigte Anlage erbaut wurde, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich geschah dies im 12. Jahrhundert. Die ersten Besitzer waren die Herzöge von Meranien. Durch Erbschaft kam Lichtenberg 1248 in den Besitz der Grafen von Orlamünde. Um das Jahr 1428 verkaufte Graf Sigmund von Orlamünde die Herrschaft Lichtenberg an Caspar von Waldenfels, "markgräflich Brandenburgischer Hauptmann auf dem fränkischen Gebürge". 1430 verteidigten die Lichtenberger die Burg erfolgreich gegen die Hussiten, welche zahlreiche Orte in der Umgebung verwüsteten – darunter Hof – und 1444 gegen ein Heer dreier Handelsstätte unter Anführung der Nürnberger.

1554 wurde die Burg im Zweiten Markgrafenkrieg durch kaiserliche Truppen eingenommen und zerstört. Von 1556 bis 1562 bauten die Herren von Waldenfels, die durch Bergbau und den großen Wald gute Einnahmen hatten, die Anlage als Schloss wieder auf. Die Chronik berichtet, dass dieses Schloss herrliche Säle, so viele Fenster hatte wie Tage im Jahr, "hochschön und nach italienischer Manier und herrlicher Symmetrie angelegt, mehr eine fürstliche als adelige Residenz". Am 30. November 1599 brannte das Schloss ab, der Wiederaufbau begann schnell.

1618 verkauften die Waldenfels wegen Überschuldung die Herrschaft Lichtenberg an den polnischen Adeligen Janusius von Radziwill. 1628 verkaufte dessen Witwe, eine Schwester des Markgrafen Christian von Brandenburg-Bayreuth, Lichtenberg an ihren Bruder. Im selben Jahr brannte das Schloss ab. Der Markgraf ließ das Schloss unverzüglich wieder aufbauen. 1634 brannten kroatische Truppen, die im kaiserlichen Heer von Wallenstein kämpften, die Stadt und das Schloss nieder. Die wieder aufgebauten Gebäude brannten am 20. September 1682 erneut ab, das Feuer war auf dem Getreideboden ausgebrochen. Nun unterblieb ein Wiederaufbau. "Die einst so schöne und stolze Lichtenburg blieb in ihren Trümmern liegen", berichtet der Chronist.

Am 5. Juni 1738 brach im Malzhaus auf dem Schlossberg ein Brand aus, dem die Kirche und 30 Bürgerhäuser – fast die gesamte nördliche Stadthälfte – zum Opfer fielen. 1814 wurde erneut fast die gesamte nördliche Stadt mit Amtsgebäude, Kirche, Pfarrhaus, Schule, Malzhaus und 65 Wohnhäusern ein Opfer der Flammen.
Die Burg war stark befestigt und galt lange als uneinnehmbar. In der Chronik der Stadt heißt es dazu: "Der Feind durfte ihr nicht nahe treten, etliche 1000 Feinde achtete sie nicht, allein Feuer war ihr fataler Feind."

Auf den Gelände des Schlosses entstanden im Laufe der Zeit andere Gebäude, unter anderem das heutige Restaurant "Harmonie" und das frühere Finanzamt. Die Steine der mehr und mehr verfallenden Schlossruine wurden beim Bau der Kirche, des Rentamtes, des Rathauses, der Schule und zahlreicher Bürgerhäuser verwendet. Die Stadtmauern und die großen Tore verfielen nach dem 30-jährigen Krieg, ihre Steine sind ebenfalls in zahlreichen Gebäuden in der Stadt zu finden. Heute ist das Gelände des ehemaligen Schlosses weitgehend mit Gebäuden des 19. und 20. Jahrhunderts bebaut. Von der Burg sind noch 1300 Quadratmeter Mauerfläche sichtbar, die Außenmauern sind zwischen drei und elf Meter hoch.

Blickt man auf die Geschichte des Schlosses, so fällt auf, dass der Wiederaufbau nach den Zerstörungen immer schwerer fiel und immer länger dauerte. Der Bau vom Jahr 1628 war der größte und prächtigste. Beim letzten Bau nach 1634, also noch vor den Verwüstungen des 30-jährigen Krieges, wurde das Schloss verkleinert. Aus Geldknappheit konnte man nicht mehr das gesamte Areal unterhalten und gab Teile davon auf.

Bei den Untersuchungen im Jahr 2003 fand der Archäologe Hartmut Endres eine gepresste Silbermünze von 1627, ein Halbbrakteat, mit der Aufschrift Christian von Brandenburg und der Jahreszahl 1627. Man kann sich vorstellen, wie beim Festbankett zum Einzug des neuen Herren auf dem Schloss im Jahr 1628 sich davon ein Besucher einen Humpen Wein kaufte, bevor der Brand ausbrach und das Fest jäh endete. 375 Jahre lag die Münze in der Erde, heute kündet sie von der großen Zeit des Schlosses.


Zur Information

Einen guten Eindruck über Schloss- und Burgenbau in der frühen Neuzeit bekommt man auf drei Festungen in der Nähe: der Plassenburg oberhalb von Kulmbach, der Rosenberg in Kronach und der Veste Coburg; auf allen drei befinden sich vielfältige Museen.


Quellen

Manfred Joisten: “Chronik der Stadt Lichtenberg”, Lichtenberg/Obfr. 1957

Hartmut Endres: “Alpha und Omega einer Burg: Ausgrabungen in Lichtenberg”, in: “Das archäologische Jahr in Bayern 2004”, S. 164ff, Stuttgart 2005

Hartmut Endres: “Ausgrabungsbericht zu den baubegleitenden Ausgrabungen anlässlich der Sanierung auf der Burg Lichtenberg”, 2003 (unveröffentlicht)

 

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